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Spagat

Spagat zwischen Psychologie und Spiritualität

 

Sehen wir uns zuerst einmal die Begriffsdefinitionen an:

Spiritualität 

kommt vom Lateinischen "spiritus", was soviel wie Geist, Hauch bzw. 'spiro' = 'ich atme'  bedeutet. Im weitesten Sinne ist damit „Geistigkeit“ gemeint und eine auf Geistiges aller Art ausgerichtete HALTUNG.

Psychologie 

kommt aus dem Griechischen 'psyche', was Hauch, Seele oder Gemüt bedeutet. Die Endung 'logie' weist es als eine empirische WISSENSCHAFT aus, die das Erleben und Verhalten des Menschen beschreibt und erklärt.

Spagat 

kommt aus dem Italienischen: 'spaccare', was  spalten bedeutet und eine Übung ist, bei der jemand die Beine so weit spreizt, dass sie eine gerade Linie bilden. Im Deutschen ist es ein Begriff für die Überbrückung zweier gegensätzlicher Positionen. 

 

Aber ist Spiritualität und Psychologie wirklich ein Gegensatz-Paar, oder werden hier nur Äpfel mit Birnen verglichen?

Spiritualität ist die Haltung eines Menschen, die ihn in einem  religiösen Sinn mit einem Numinosum verbindet, das als Transzendenz, Jenseits oder Unendlichkeit bezeichnet werden kann. Sie ermöglicht ihm die Ehrfurcht vor der Ordnung der ihn umgebenden Lebenswelt und die Empfindung einer transzendenten Wirklichkeit, die sich im Vollzug einer Religion oder Philosophie ausdrückt.

 

Psychologie, also die wissenschaftliche Lehre von der Seele oder des Gemüt des Menschen kann die Haltung - auch die spirtuelle Haltung - eines Menschen allenfalls beschreiben und  klassifizieren. Sie kann - wie alle Wissenschaften - Erklärungen für Phänomene liefern. Erklärungen sind aber nur innerhalb des vorherrschenden Glaubenssystem gültig und können zu Überzeugungen und Gesetzen führen, niemals aber zu inneren menschlichen Haltungen. 

Es ist eine Überheblichkeit der "Psychologie" sich anzumaßen etwas über transzendente Wirklichkeit zu wissen. Selbst dann, wenn gewisse psychologische Methoden eine Wirkung auf Gemüt und Seele eines Menschen ausüben. Diese Wirkungen bleiben in dem manifestierten Menschen stecken und berühren niemals seinen spirituellen Kern. Darüberhinaus sind alle psychologischen Methoden auf das "Wohlwollen" des spirituellen Kerns eines Menschen angewiesen.

Ohne dieses "Wohlwollen" prallen sie ab, wie Licht von einem Spiegel. 

 

Andererseits kann die Praxis einer Religion oder Philosophie solange nichts am Verhalten und Gemüt eines Menschen ändern, solange dieser seinen eigenen spirituellen Kern nicht erkennt, ihn leugnet oder einem anderen System unterstellt. Ohne direkten Zugang zu seinem inneren Kern, lösen sich die Widerstände und Verknotungen in Seele und Gemüt nicht auf. Das kann zu einem Patt bzw. einer Zwickmühle führen, die sein spirituelles Wachstum einschränkt. Es kann sogar so sein, dass seine "Schatten auf der Seele" ihm den Ort seines spirituellen Ursprungs verdunkeln.

In diesen Fällen ist die Psychologie eine unermessliche Gnade, denn es liegt in ihrer Kunst, die Seele und das Gemüt eines Menschen soweit von seinen Verdunkelungen zu befreien, dass er seine ureigene spirituelle HALTUNG wieder entdecken kann. 

 

Ist jedoch der innere Kern einmal ent-deckt und nicht mehr verschattet, gehen sowohl Spiritualität wie auch Psychologie und jedes weitere Glaubenssystem im Durchtönen und Durchscheinen des Kerns auf. Sie verschwinden einfach und es bleibt ein Zustand  für den unsere Sprache kaum eine Bezeichnung hat: Gnadenzustand,  Christusbewusstsein, Erleuchtung? 

Was auch immer. Der Spagat dynamische Spannungszustand zwischen zwei Polen fällt in einen einpoligen, statischen Zustand zusammen, der alles enthält, was zuvor getrennt war. Der ganze Mensch wechselt in einen anderen "Seins-Zustand".

In den meisten Fällen, merkt man das dem Betroffenen gar nicht an.

Er/Sie selbst lebt aber hinfort in einem anderen Wertesystem und wird "als Ganzes" zum Dipol für die "Anderen".  

 

alles liebe

Joan