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Einfach nur Liebe sein

 

Einfach nur Liebe sein

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Die Quelle eines großen Missverständnisses ist meist die Fehlinterpretation eines Begriffs. Einer der meisten missverstandenen Begriffe ist „Liebe“.

Im alltäglichen Sprachgebrauch haben wir uns darauf geeinigt, mit Liebe den aus der Balance geratenen Hormonhaushalt des Körpers zu bezeichnen, der uns üblicherweise überfällt, wenn wir einem passenden Sexualpartner begegnen. Was wir üblicherweise dabei wahrnehmen, ist ein Drogen-Cocktail unserer Körpersäfte, der auf bio-chemischer Basis die Hochstimmung erzeugt, damit die Spezies nicht ausstirbt und das ist sicherlich nicht schlecht. Unsere Partnerwahl basiert auf Duftstoffen und chemischen Zusammensetzungen. Diese nehmen wir im „geliebten“ Gegenüber wahr und suchen uns so, einen zu unserer DNS gut passenden Gen-Partner. Zum Erhalt des Genpools der Spezies – versteht sich. Alles, was in zwischenmenschlichen Beziehungen spürbar wird, hat seine Ursache in der Funktionsweise des Körpers. Es ist die Rückwirkung, die wir von unserem gespiegelten Selbst erfahren oder ist sozialisiert. Aber mit wirklicher Liebe hat das nichts zu tun.  Bei den Griechen gab es schon im Altertum zwei Begriffe für Liebe: Eros und Agape. 

Eros ist in der griechischen Mythologie der Gott der begehrlichen Liebe, der erotischen Begierde oder Leidenschaft.  Er lebt in unserem Begriff Erotik fort und steht für einen vergänglichen Moment, der mehr oder weniger oft wiederholt werden kann. 

Agape ist dagegen der Ausdruck für die inspirierte uneigennützige Liebe, die grundlos eintritt und die allein in der Lage ist Herzen zu brechen. Meist wird das Wort Agape für die göttliche oder kosmische Liebe verwendet. Agape ist das, was übrigbleibt, wenn Eros gegangen ist.. Ohne Agape fallen Beziehungen zwischen Wesen auseinander. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich dabei um Menschen, Tiere oder gar Pflanzen handelt.

Diese Agape ist gemeint, wenn wir hier von Liebe reden. Die wirkliche Liebe, bzw. die Kraft, die sie darstellt, ist für uns vollkommen unsichtbar. Sie ist so klar und durchsichtig, dass wir sie normalerweise gar nicht wahrnehmen. Sie ist der Klebstoff, der die Schöpfung zusammenhält und dafür sorgt, dass die Zufälle so eintreten, wie sie es tun und so das feine Gewebe bilden, das wir als unser Leben bezeichnen.

Im Licht dieser Liebe erscheinen wir als Staubflocken auf der Linse der Schöpfung. Sie dringt durch uns hindurch und projiziert die Schlieren unseres Wesens in unsere Realität, damit wir sie wahrnehmen und ändern können. Diese Projektion nehmen wir natürlich als von uns getrennt war, was uns davon abhält sie als Spiegel unseres Bewusstseins zu erkennen. Was immer wir auch definieren: Seele, Energiekörper, Elektron, Engel, Planeten, Universum – es ist immer das ungeteilte Wesen Gottes, welches sich selbst durchstrahlt und im Vergessen seiner Selbst, unserem Leben erlaubt in Erschein zu treten. Dieses eine Ungeteilte erfährt sich selbst in jedem einzelnen Lebewesen. Es gibt der individualisierten Form Leben und bringt sich so selbst in die fühl- und erfahrbare Existenz der Schöpfung ein. Dieses Selbst ist was wir im Westen traditionell mit „Gott“ bezeichnen. Dieses Selbst sind aber auch wir in unserer reinsten Form. Ein Selbst, dass erst ist, wenn wir die Projektion von Schlieren beenden und uns zur Klarheit, der alles durchstrahlenden Liebe bekennen. Es gibt dabei weder ein Werden, ein Ankommen, ein Ziel noch einen Weg oder Entwicklung. Nur ein Auflösen aller Strukturen in die eine Liebe. Dann allerdings ist niemand mehr da, der sich als ein jemand bezeichnen könnte.

Um das zu erreichen ist nicht viel nötig. Wir müssen aufhören etwas sein zu wollen. Einfach nur zu sein ist genug. Nicht dieses sein oder jenes sein. Nur sein. Dieses SEIN ist immer das, was gerade jetzt ist. Es ist das traurig oder glücklich sein, das zufrieden oder krank sein. Es spielt dabei keine Rolle, worüber man redet: Weltkrisen, Eiskrem, Gott, Fußball. Der Klang jedes Wortes hat seine eigene Qualität und seinen Wert, denn der Klang des Wortes ist eine Gnade, die aus der kosmischen Liebe stammt und dem wir unsere Individualität aufgeprägt haben. Erst in der Stille, legen wir diese Individualität für eine Zeitlang ab. Wie schwer das oft fällt, hat jeder schon erlebt, der längere Zeit meditiert. Unser Ego, das Tamagotchi, ist süchtig nach Worten, denn es interpretiert sie für seine Zwecke. So bekommen Worte für jeden eine andere Bedeutung. Nur der Verstand filtert die Worte anhand seines Wissens und entscheidet mit seinen Werten, die er irgendwann einmal gelernt hat. Das Bewusstsein und das aktuelle Sein vermischen sich so mit den Wortbedeutungen und die Bedeutungen werden in den persönlichen Lebensstil eingebunden. Der Verstand filtert dabei alles, was er nicht hören will oder ablehnt, automatisch aus und so entstehen die Missverständnisse.

Der Klang aber, der sich aus der Stimme und den Raumbedingungen ergibt, ist von der Liebe arrangiert. Du merkst sehr schnell, ob jemand meint, was er sagt oder palavert und du wirst schnell müde, wenn jemand ohne Liebe spricht. Wenn Worte in Resonanz mit der Liebe sind, hinterlassen sie ein freies Hochgefühl in dir. Doch das können sie nur, wenn dein Verstand nicht den ganzen Raum deiner Wahrnehmung einnimmt.

Darum sei achtsam, wenn du zuhörst und auf der Hut vor lieblosen Worten. Öffne jedoch immer zuerst dein Herz und lausche dem Geschehen, ohne verstehen zu wollen. So kann die Gnade der Worte zu dir kommen und du kannst dich daran aufrichten oder den Ort verlassen, wenn sie ohne Liebe sind. Sei einfach still und halte alle mentalen Aktivitäten an. Das kannst du auf die Art und Weise machen, die dir am meisten zusagt: Zen, Vipassana, TM, Yoga oder du beobachtest einfach nur deinen Atem. Tu was immer dazu geeignet ist deinen Verstand von Denken und Interpretieren abzuhalten. Denn wenn der Verstand anhält, wirst du zum Selbst und du bist frei. Dazu sind keine Rituale nötig. Du brauchst keine Regeln, um zu dir zu kommen. Du brauchst noch nicht einmal Schuldgefühle oder Traumata loswerden. Die Identifikation mit dem leeren Verstand reicht völlig aus. Doch einen leeren Verstand zu erleben ist noch keine Verwirklichung. Es ist nur der erste Schritt auf einem Weg, dessen Verlauf nicht festgelegt ist. Ein Weg, der sich durch deine Entscheidungen entwickelt, während du ihn lebst. Deshalb reicht es aus, mit leerem Verstand in diesem Augenblick zu sein. Verwirklichung ist nicht erklärbar, denn sie vollzieht sich jenseits des Vorstellbaren und entzieht sich sinnlicher Kommunikation.

Doch Gedankenstille und das Vertrauen in einen leeren Verstand ist erreichbar und das Tor, in dem du stehen musst, damit dein innerer Führer dich nach innen ziehen kann. Doch das kann erst geschehen, wenn du den Mut hast, dich immer wieder in das gleiche Tor zu stellen, obwohl tausend Mal nichts geschehen ist. Und das ist nichts anderes als einfach konsequent auf dem Weg zu sein, dich selbst zu erkennen. In dem du konsequent authentisch bist und ganz im Augenblick lebst, kann die Resonanz mit der Liebe des Kosmos entstehen und dann wirst du Wirklichkeit erfahren, wissen und fühlen.

 

Alles liebe

 

Hans

(Bild: (c)sepiadark digitalArt 6/2024 "Michael"