Abenteuer Weg
Ich verbringe ja nun schon über sechs Jahrzehnte auf dieser Erde und habe entsprechend der Zeit, viele Erfahrungen gesammelt. Die letzten 30 Jahre verbrachte ich mit dem Erforschen des "Weges", wie man es im spirituellen Umfeld nennt. Zu Anfang war dieses Erforschen von intensivem Üben und der Suche nach der ultimativen Entwicklungsmethode geprägt. Im Laufe der Jahre verlor sich jedoch dieser Enthusiasmus allmählich und meine Übungen und Meditationen wichen dem unmittelbaren Erleben im Alltag. Die komplizierten Meditationsformen änderten sich zunächst in ein aufmerksames Gewahrsein und liegen jetzt in der Tiefe des einfachen "Zusehens". Wenn ich heute den Weg beschreiben müsste, erschiene er so alltäglich, dass kaum jemand darin einen spirituellen Weg erkennen könnte. Was zur Folge hat, dass dieser Weg von den meisten unerkannt bleibt oder gar abgelehnt wird. "Der Alltag sei doch keine Meditation" lautet der Tenor: "Der Alltag ist doch profan, anstrengend und eine Bürde! Meditation ist etwas Besonderes, Erhebendes usw." Die Hinweise und Übungen des Alltags lehnen sie einfach ab. Doch was ist der Alltag anderes, als der Ausdruck des schöpferischen Willens? Die Nöte und Schwierigkeiten des täglichen Lebens sind genauso zu bewältigende Aufgaben, wie das formale Sitzen, rezitieren eines Mantras oder das Lösen eines Koans.
Meine Begegnungen mit dem Schöpferischen sind sanft geworden, vielleicht weniger tief, dafür aber mehr oder weniger ständig. Die starken Energien der Kundalini haben sich beruhigt und entflammen sich nur noch selten. Mit Erstaunen erkenne ich, dass es eine Lebensart und Verklärung geworden ist, die vielen Menschen auch ohne spirituelle Übungen, ohne Yoga und Meditation zuteil ist. Ich habe erkannt, dass das göttliche Allbewusstsein sich nicht bloß wenigen Auserwählten, nach Jahren der Askese und Übung nähert, sondern allen, die ihr Herz öffnen. Wie das geschieht spielt letztendlich keine Rolle. Was zählt, ist die Bereitschaft zur Liebe und herauszufinden wie sich Shiva und Shakti oder das ewige TAO im eigenen Leben zu erkennen geben. Mit dem Herzen überwinden wir schließlich die Gegensätze und können das einander Be-Dingen begreifen. Dann öffnet sich eine neue Dimension des Weges und wir fangen ganz neu von vorne an, sind aber nicht mehr so einfältig, trotzig und unerfahren, wenn wir weitergehen. Deshalb wünsche ich dir Folgendes:
Wenn du vor einem Hindernis stehst und es so übermächtig erscheint, dass du anfängst zu denken: „Das geht über meine Kräfte“ oder „das schaffe ich nicht“ oder „dazu habe ich nicht die Mittel“, dann bringst du dich damit in eine Lage, in der das auch so sein wird. Vermeide solche Gedanken, denn das Leben stellt dir keine für dich unlösbaren Aufgaben. Die Schöpfung dient dir, um dich selbst zu erkennen. Das ist alles. Das du dabei einprogrammierte Selbstbeurteilungen weckst, ist ganz normal. Selbstverständlich bist du kein Superheld aus den Marvel Studios und musst auf die bisher von dir erkannten Regeln der Welt Rücksicht nehmen, doch diese Regeln sind nicht unveränderbar! Sie sind zwar das, auf dem der jetzige Augenblick beruht - und wir können niemals das JETZT verändern, weil es schon ist. Aber wir können unsere Haltung zu den Regeln und Glaubenssätzen ändern, die Einfluss auf das Werdende haben und die Zukunft gestalten. Die Zukunft gestaltet sich aus den, im jetzigen Augenblick vorhandenen, Glaubenssystemen heraus und ist damit immer eine mehr oder minder exakte Kopie des jetzigen Zustandes. Wenn wir auch nicht die Regeln für das Jetzt ändern können, so können wir doch die Entstehungsbedingungen für das Werdende ändern. Das tun wir, indem wir unsere beschränkenden Glaubenssätze auflösen bzw. verändern. Für viele psychologische Zusammenhänge ist das relativ einfach, denn schon durch das Lesen dieser Zeilen verändert sich bereits die Struktur deines Bewusstseins. Bei spirituellen Überzeugungen, religiösen Lehren und philosophischen Ansichten, ist es schon schwieriger, weil hier viele, viele Jahre der Einübung und uralte Erfahrungen betroffen sind.
Wir müssen uns also von allem freimachen, was uns an die weltliche Wahrnehmung bindet. Wir sind nicht von weltlichen Bedingungen abhängig, denn wir sind spirituelle Wesen, deren Bewusstsein gerade ein paar Eskapaden absolviert. Wir sind "Geist" und der ist die Mutter des Bewusstseins. Bewusstsein ist wiederum die Mutter der Materie und der heilige = heilende Geist ist ein gesundetes Bewusstsein, ohne Illusionen über sich selbst. Das mag dir jetzt vielleicht etwas schräg klingen, aber es ist die einzige Wahrheit, die gegen Ende des Weges verbleibt. Nutze diese Erkenntnis und traue ihr, denn wenn du irgendwie Angst hast, die umgebende Welt zu benutzen, so schneidest du dich von deiner kreativen Kraft ab.
Denke immer daran, dass die Welt das Ergebnis schöpferischer Gedanken ist. Gedanken, die sich nicht von den deinen unterscheiden. Deine Gedanken und Gefühle bestimmen den Nutzen der Welt, die du selbst erfahren willst.
Entscheide also klug, ob du dich von weltlichen Ängsten, Regeln und Begrenzungen abhängig machen, oder dir deinen eigenen Weg zu dir Selbst gestalten willst. Entscheidest du dich für Letzteres, werden Helfer in deinem Leben auftauchen und dir über die meisten Klippen helfen. Das können Menschen sein oder Bücher, auf die du zufällig triffst oder Situationen und einfache Dinge, wie Regentropfen, die in eine Pfütze fallen. Dieser Hilfe ist immer gemein, dass dir plötzlich etwas bewusst wird, dir im wahrsten Sinne des Wortes ein Licht aufgeht. Doch es sind mit Sicherheit die kleinen, unscheinbaren Dinge in deinem Alltag, die die größte Kraft haben. Dinge, die dir vertraut sind und mit denen du umgehen kannst, die plötzlich eine tiefere Bedeutung erhalten. Sei achtsam und betrachte deinen Alltag durch das Gewahrsein deines Herzens. Dann geschieht alles ganz von allein. Die einzige mir bekannte Bedingung ist jedoch, dass du deine Entschlossenheit nicht verlierst und die Motivation zum Weitermachen behältst, auch wenn es mal schwierig werden sollte.
Den innewohnenden Engel, der du bist, auf die Erde zu holen, ist nicht weniger ein Abenteuer als deine physische Geburt, vielleicht sogar noch abenteuerlicher. Jedoch ein Abenteuer kann nur derjenige erleben, der einen Weg geht auf dem Abenteuer geschehen können.
alles liebe
Hans