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Aufstellung - Du direkt und ungeschminkt

Aufstellung - Du direkt und ungeschminkt

Vom Nutzen und den Gefahren der Aufstellungsarbeit

Als einst der katholische Priester Bert Hellinger ab Mitte der 80iger Jahre, aus mehreren psychologischen und esoterischen Ansätzen die "Familienaufstellung" zusammen bastelte, entstand daraus schnell ein Hype, an dem sich die Ansichten der Therapeuten polarisierten. Die plakativ schnell zu erreichenden Erkenntnisse, das Erleben zuvor unbewusster Gefühle und das ganze vor Publikum auf der Gruppen- Drama-Bühne, machten die "Aufstellungsarbeit" für den normalen Menschen zu einer begreifbaren und damit vermeintlich wirksamen Therapie. Für diejenigen jedoch, die sich mit psychischen Therapien, Energiearbeit und Spiritualität auskennen, war es jedoch nicht mehr als ein neuer Hype, mit dem sich leicht Geld verdienen lies. Sie hielten und halten diese zusammengewürfelte Methode schlichtweg für einen leicht zu vermarktenden Hokuspokus, der im Ernstfall für psychisch labile Teilnehmer oder in akuten Krisen, massiv gefährlich werden konnte. Hellingers autoritär reaktionäre Weltanschauung tat ein weiteres dazu, die Seminare mit Dutzenden Menschen zu füllen, die auf der Suche nach Lösungen für sich oder ihr Leben waren und dazu eine Leitfigur brauchten.

Hellingers Grundsatz-Idee war dabei gar nicht einmal schlecht: Da jeder Mensch ein Energiesystem darstellt, das von anderen beeinflusst wird und selbst Einfluss auf andere nimmt, entsteht in einer Aufstellung ein Energiefeld mit bestimmten Eigenschaften und Qualitäten. Dieses Energiefeld enthält alle bewussten und unbewussten Informationen, der Beteiligten. Der Therapeut -in dem Fall Hellinger - ist der Katalysator, dessen Absichten die Energien steuern und leiten konnte und musste.

In großem Maße ist diese Energiesteuerung und damit das, was in der Aufstellung passiert, von den Absichten des Therapeuten abhängig. Daher war auch das autoritäre und oft verletzende Auftreten Hellingers in seinen Gruppen zu einem gewissen Grad nötig. Er ging sogar so weit, sehr fragwürdige esoterische Ideen in die Aufstellung mit einfließen zu lassen. So z.B. die Idee eines "Wissensfeldes", dass die Lebenden mit den Toten verbindet und das in der Aufstellung angeblich "angezapft" werden konnte.

Es ist ein langer Weg von den ersten Ideen, hin zu einer funktionierenden Seelen-Heilmethode.

Im Grunde hatte Bert Hellinger wohl schon die Existenz des "Nullpunktfeldes"  intuitiv erkannt und provisorisch in seine Arbeit eingebaut.  Für diesen Mut gebührt ihm heute noch großer Dank. 
Jedoch musste er in der Umsetzung, so wie wir heute noch, scheitern. Wir sind längst noch nicht soweit, seriös und professionell mit der Akasha zu arbeiten, denn dazu fehlt der Menschheit noch immer die spirituelle Reife.

Aus Hellingers Grundlagenarbeit ist heute ein ganzer Fächer an "Aufstellungsarbeit" entstanden, bei der ihm Therapeuten nacheifern. Doch die meisten haben sich von ihm losgesagt und arbeiten nach eigenem Gutdünken. Da eine Aufstellung aber energetisch sehr intensiv werden kann, wird oft aus dem, was wie ein Spiel aussieht, eine ernste Sache, mit der man tunlichst nicht herumspielen sollte. Um es nochmal klar zu machen: Aufstellung ist keine Psychotherapie, sondern intensive Energiearbeit. Energiearbeit ist aber nun mal kein Lehrfach der Psychologie oder Psychiatrie und auch nicht in der Ausbildung von Heilpraktikern enthalten. Die Fähigkeit mit Energien zu arbeiten wird auf dem eigenen spirituellen Weg erworben, durch Yoga, Meditation, Tai-Chi etc. Es ist nicht möglich Energiearbeit mit rationalem Verstehen zu lernen und schon gar nicht, wie man Energien leitet. Daher ist ein langer persönlicher Ausbildungsweg nötig, um jemanden zu befähigen "Aufstellungsarbeit" anzuleiten. Ein Ausbildungsweg, der zurzeit noch nicht durch Schulbesuche, Studium oder Zertifikate belegt werden kann.

Der Erfolg der Aufstellungsarbeit ist wohl der Faszination geschuldet, die die Teilnehmer erleben, wenn ihnen Beziehungen bewusst werden und die darin gebundenen Energien abfließen. Die öffentliche Bühne der Aufstellung ist für das Tamagotchi ein gefundenes Fressen, um seine Dramen aufzuführen. In den wenigsten Fällen wird es innerhalb der Aufstellung von seinen Dramen ablassen und sich anderen Inhalten zuwenden. Längst nicht jede Aufstellung endet jedoch friedlich.

Die aufgerissenen energetischen Verbindungen hängen wie lose Stromkabel herum und können zu gravierenden psychischen Konflikten führen, wenn die Baustelle nicht professionell gesichert wird.

Ich jedenfalls würde aus eigener Erfahrung davon abraten, ein Aufstellungsseminar zu besuchen und anschließend allein nach Hause zu gehen. Die Nachwirkungen vagabundierender psychischer Energie können zu massiven Wahrnehmungsstörungen führen. Jeder, der mit dem Gedanken spielt, ein wirksames Aufstellungsseminar zu besuchen, muss sich klar machen, dass niemand mit einem Zauberstab wedelt und dann alle Probleme verschwinden. Im Gegenteil, die Aufstellung wird so viel Neues - positives und negatives - auslösen, dass man noch tage- und wochenlang mit der Aufarbeitung beschäftigt sein wird.

Es ist schon lange bekannt, dass ein Mensch, ein Tier oder ein Ding durch die Konzentration und Vorstellung eines anderen Menschen zum Träger des Herbeigerufenen werden kann. Doch das, was herbeigerufen wird, ist die ganzheitliche Erfahrung des Rufenden, die er mit Herbeigerufenen hat. Die Originalenergie ist nur in ganz seltenen Fällen anwesend. Die Projektion des Klienten ist fast immer das Glaubenssystem, dass er/sie über das Herbeigerufene hat.  Es ist nur der Therapeut, der Klient und das projektionstragende Objekt beteiligt. Letzteres nur insofern, soweit es weiß, welche Projektion auf es gerichtet wird - und das trifft nur auf einen Menschen zu.

Bei der Auswahl von Stellvertretern bzw. Projektionsträgern ist allerdings zu beachten, dass auch diese Menschen ihre eigenen energetischen Verwerfungen haben, die eine klare Reflexion des Projizierenden verzerren. Sie selbst können durch Resonanz-Effekte auch in schwere emotionale Krisen geraten. Vor allem, wenn die Aufstellungs-Projektion sich mit existentiellen Krisen wie, Geburt, Tod, Ohnmacht und Missbrauch befasst. Diese Resonanzstellen sind in den meisten Menschen, die keine jahrelange Bewusstseinsschulung absolviert haben, noch sehr stark vertreten und stellen nicht zu unterschätzende Fallgruben dar.

Ein Ausweg daraus, ist die Verwendung von Symbolen oder Figuren, jedoch nimmt die Effektivität der Methode dadurch immens ab.  Der Resonanzeffekt verstärkt nämlich normalerweise die energetische Interaktion um ein Vielfaches - doch eine Puppe, Figur, Symbol kann nicht auf eine menschliche Resonanz reagieren und deshalb verliert die Aufstellung hier extrem an Effektivität.

So wie alle katalytischen Methoden, führt auch die Aufstellung in vielen Fällen zur Auflösung eines inneren Konflikts. Die Lösung zuvor eingekapselter, verhärteter Energie bringt das System in Fluss und die Folge sind intensive fließende Gefühle, die in den meist mit vehementer Kraft, als Tränen eines "positiven" emotionalen Ausbruchs zu Tage treten. Im Nachgang dieses Ausbruchs kann der Betroffene dann die ihm bisher unbekannten oder als verloren geglaubten feineren Gefühle wie Dankbarkeit, Hingabe und Liebe wieder wahrnehmen. Diese Erlösung von den verkrusteten Energien erfolgt innerhalb der Aufstellungsgruppe, also öffentlich vor aller Augen, und kann je nach persönlicher Konstitution des Betroffenen eine Scham-Reaktion auslösen, die den positiven Effekt wieder zunichte macht.

Obwohl die Aufstellungsarbeit wichtige Informationen über die unbewussten Zusammenhänge im Leben eines Menschen liefern kann, gehört sie auf keinen Fall in die Hände von unerfahrenen Menschen und schon gar nicht in Gruppen und Seminare. Diese Form mentaler Prostitution gehört nicht in den Bereich heilender Arbeit, sondern in das marketingtechnische Geldverdienen an einer Herde Unbedarfter. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass sich die "Systemische Therapie" der Methode bemächtigt hat. Heute werden Familienaufstellungen dieser psychotherapeutischen Fachrichtung zugeordnet. Sie ist auf den sozialen Kontext psychischer Störungen ausgerichtet, denn jede Familie ist ein spezifisches System, von gegenseitig abhängigen und sich beeinflussender Beziehungen (Energien). Die üblichen Paar-, Erziehungs- und Familienberatungen arbeiten meist systemisch. Obwohl der „Wissenschaftliche Beirat Psychotherapie" die Fachrichtung vor 10 Jahren offiziell anerkannte, unterblieb eine Überprüfung der Familienaufstellung in Hinsicht auf ihre Wirksamkeit und ihre Nachhaltigkeit.

Es ist eben nicht alles gut, was machbar ist und es ist nicht alles, unter allen Umständen, machbar.

Die Aufstellung ist in den Händen sehr gut ausgebildeter Therapeuten ein adäquates Mittel zur Selbstbetrachtung und zur Loslösung verkrusteter Energien, doch sie bedarf eines überaus sensiblen Umgangs mit den beteiligten Menschen. Als Teil einer Langzeit-Therapie zur Bewusstseinsbildung kann sie einen enorm effektiven Beitrag leisten, so wie eben jedes Werkzeug in der Hand des Fachmannes Gold wert ist. In den Händen eines Laien jedoch zur Unfallgefahr wird.

Wenn schon Aufstellung, dann nur im direkten heilerischen Dialog zwischen Klient und Therapeut oder in einem Setting von mehreren Therapeuten, die die Rolle der Stellvertreter auf sich nehmen.

Alles andere ist Unfug, Jahrmarktpsychologie und Effekthascherei und schadet mehr als es gut tut. Denn aus einer heterogenen Gruppe mehr oder minder unausgebildeter Energieträger, können keine klaren Lösungen und nachhaltige Heilungen von Konflikten und Lebensphänomenen für den Einzelnen abgeleitet werden. Und darum geht es doch schließlich:

Der Bewusstwerdung klarer energetischer Verbindungen mit den eigenen Projektionen, der Verbundenheit mit der eigenen Schöpfung und die Übernahme der Verantwortung dafür.

Jeder, der mit dem letzten Satz nicht klar kommt, sollte die Finger von der Aufstellung lassen. 

Es kommt darüber hinaus noch sehr stark darauf an, wer eine Aufstellung, wie, in welcher Situation und für wen anbietet. Für den normalen, nicht bereits in psychischen Krisen gefangenen, gestressten Mitmenschen von Nebenan, ist eine gut geleitete Aufstellung durch einen erfahrenen Begleiter kaum eine Gefahr. Sie wird ihn weder weiterbringen noch aus der Bahn werfen. Es ist eine gute Möglichkeit, die Langeweile am Wochenende zu verscheuchen. Handelt es sich aber um Menschen in psychisch-emotionalen Notlagen, kann jede Aufstellung ein dramatisches Ende nehmen. Kehren diese Menschen aus einem Ausbruch in der Aufstellung allein nach Hause zurück, können die noch vorhandenen Resonanzeffekte, sie noch tiefer in ihre Krise verwickeln.

Deshalb sind Aufstellungen für Menschen in akuten psychischen Krisen tabu, denn diese Menschen müssen in erster Linie stabilisiert werden und dazu ist die Aufstellungsarbeit nicht geeignet. In solchen Fällen ist das Bewältigen des Alltags und der Aufbau eines sozial stabilen Netzwerkes von absoluter Priorität, was auch nicht durch Aufstellung geleistet werden kann.

Aufstellung ist eine wirksame Methode zur Bewusstwerdung darüber, in welche Glaubensstrukturen unsere Energie verwickelt ist. In den wenigsten Fällen ist dies für eine Wiederherstellung der psychischen Leistungsfähigkeit von Bedeutung, wie sie von der Psychotherapie angestrebt und von den Kassen bezahlt wird. Sollte es in der störungsbeseitigenden Psychotherapie doch einmal nötig sein,  gibt es andere Methoden gezielt und sanft an diesen Problemen zu arbeiten.

Aufstellungen sind aber durchaus wertvolle Hilfsmittel, um sich darüber klar zu werden, woran wir unsere Energien gebunden haben, diese von der magnetischen Bindung zu befreien und loszulassen, um einen weiteren Schritt in Richtung eines sich selbst bewussten Menschen zu gehen.

Und wenn ich das so sagen darf:

Das Ziel ist der Weg und manche populäre Wege sind Sackgassen.

alles liebe

Hans