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Warum das Licht nicht von außen kommt

 

oder

Alles Erkennen endet an der Zimmerdecke 

Wir erkennen nur, was wir selbst erschaffen haben. Unser Gehirn – ein wunderbarer, aber begrenzter Resonanzkörper – erlaubt uns ausschließlich Wahrnehmungen, die innerhalb seines biologischen Rahmens liegen. Was wir Wirklichkeit nennen, ist daher nichts anderes als ein Echo unserer eigenen Konstruktion.

Jede Diskussion über "unumstößliche" physikalische, kosmische oder spirituelle Gesetze offenbart in Wahrheit nur unsere Unwissenheit. Diese Gesetze sind Hypothesen – kondensierte Glaubenssysteme. Sie erzeugen eine stabile Welt, aber sie haben mit dem, was wir wirklich sind, nichts zu tun. Das transzendente Bewusstsein, das jenseits aller Begriffe existiert, bleibt durch unsere Sprache, Instrumente und Vorstellungen unerreichbar.

Wir leben in einem winzigen Ausschnitt des kosmischen Spektrums, den unsere Sinne zulassen. Auch unsere Messgeräte – so ausgefeilt sie erscheinen mögen – bleiben dieser Begrenzung unterworfen. Erst wenn diese Schranken durchbrochen werden, beginnt das Bewusstsein zu explodieren. Der Mensch in Erleuchtung, Satori oder Samadhi ist nicht mehr dieselbe Entität wie vorher. Und doch bleibt er körperlich anwesend.

Das erzeugt ein Paradox: Leuchtet er, oder verliert er sich? Ist er erwacht oder nur verrückt? Unsere Welt ist schnell dabei, das Unerklärliche zu pathologisieren.

Der Drang, das Bewusstsein zu erweitern, ist so alt wie die Menschheit. Doch dieser Impuls ist zweischneidig: Einerseits Quelle aller Entwicklung, andererseits Illusion des Egos. Wenn wir uns selbst steigern wollen, jagen wir einem Schatten hinterher. Das Ego baut sich ein Haus aus Ordnung, Macht und Erklärbarkeit. Wer ausschert, wird sanktioniert. Wo jedoch echtes Licht wirkt, entsteht Vertrauen, Liebe, kreative Freiheit. Eine kleine Flamme reicht, um das Dunkel einer Halle zu vertreiben. Aber diese Leuchttürme stehen oft allein, umgeben von Nebel und Widerstand. Was sie empfinden, ist keine Hybris – es ist einfach das, was sie sehen.

Doch jede Erweiterung beginnt bei einer Entscheidung. Und diese Entscheidung fällt das ICH. Was aber ist dieses Ich? Es ist eine Illusion aus Erfahrungen. Von der Zellteilung bis zum ersten Liebeskummer sammelt der Mensch Muster, die sich zu einer Identität schichten. Und wie bei einem Stapel Briefumschläge entsteht in der Mitte eine taktile Illusion – eine Kugel, die nicht existiert. Entfernt man die Umschläge, verschwindet die Kugel. So verhält es sich mit dem Ich.

Dieses Ich rührt aus Rückkopplung: Es hört sich selbst, sieht sich selbst, bewertet sich selbst. Und darin liegt seine Existenzbestätigung. Das Ergebnis ist ein pfeifender Lautsprecher, der die Musik übertönt, aus der wir eigentlich gemacht sind.

Die Stille der Wahrheit wird übertönt vom Getöse des Selbstbezugs.

Aber ohne dieses Ich könnten wir nicht zwischen Licht und Dunkel unterscheiden. Das Ich ist die Reibung, an der sich Erkenntnis entzünden kann. Licht, Dunkelheit und Ich sind keine Gegensätze, sondern eine uralte Dreiheit – eine Trinität des Seins.

Die Entscheidung, diese Schleife zu verlassen, liegt nicht im Tun, sondern im Lassen. Wer sie trifft, braucht Mut, Humor und Hingabe. Denn was danach kommt, ist nicht Erklärung, sondern Licht.

 

Vielleicht fängt alles dort an, wo das Denken an der Zimmerdecke endet – und das Erkennen erst beginnt.

 

alles liebe
Hans